"Die erste Bedingung für das Verständnis eines fremden Landes ist es, es zu riechen."
- Rudyard Kipling.
Jede Stadt hat ihren eigenen Geruch, den man in den Gemäuern ihrer Gebäude wahrnehmen kann, eine unsichtbare Architektur, in die man vollständig eintaucht. Ein einzigartiger Duft, der aus der außergewöhnlichen Alchemie von Geschichten aus der Vergangenheit und der Gegenwart entstanden ist.
Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts unternahm Prinzessin Elisa ein Erneuerungsprogramm der Stadt.
Sie renovierte Straßen, Gebäude, Bildungs- und Forschungsinstitute und brachte neue Düfte aus aller Welt in die Gärten und Paläste. Dank neuer wissenschaftlicher Entdeckungen wurden Pflanzen, die einst als Bedrohung für die Gesundheit galten, in den Alltag integriert.
Ein bekanntes Gemälde, das im Museum von Fointainbleau aufbewahrt wird, zeigt Elisa neben einer Vase mit Geranien und sie wurde plötzlich zum "Werbegesicht" dieser Blumenmode. Die „französischen“ Pflanzen kamen schnell auf heimische Balkone und Blumenbeete.
Für die Villa von Marlia brachte Elisa, die sich leidenschaftlich für Botanik interessierte, verschiedene Pflanzen aus jedem Land mit und richtete dort eine wahrhaftige Baumschule ein, wie Josephine es bereits in Mailmaison getan hatte. Aus den Gärten der Villa Reale kamen neue Pflanzenarten wie Mimosen, Magnolien und Glyzinien und verbreiteten sich. Sogar Geranien, die bereits bekannt waren, aber bis dahin nur in botanischen Gärten gezüchtet wurden, rückten bald nicht nur in Gärten, sondern auch in den Wohnzimmern von Luccas Einwohnern in den Mittelpunkt. Für diese neue Mode wurden auch Gartenmöbel, spezielle Gewächshäuser und Übertöpfe entworfen.
Vom zweihundert Jahre alten Magnolienbaum im Hof der Giovanni Pascoli-Schule bis zu den Exemplaren im Corso Garibaldi, von den Glyzinien auf der Piazza San Giovanni bis zu den Platanen auf der Piazza Napoleone, kann man viele andere verschiedene Pflanzenarten im Botanischen Garten und an der Stadtmauer finden. Der Geruchssinn, der mit Erinnerungen und Identitätsgefühlen verbunden ist, geriet über die Jahre leider in Vergessenheit, aber man versucht nun die Rolle der olfaktorischen Wahrnehmung in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft wieder in den Vordergrund zu rücken um ihre Geheimnisse zu enthüllen.
Auf diesem "historischen" Pfad der Sinne in die Fußstapfen von Elisa zu treten, bedeutet, sich in ihre Zeit zu versetzen, ihre Kultur und sozialen Regeln zu verstehen und die neuen Düfte Luccas zu entdecken, insbesondere an den Orten der Stadt, an denen neue botanische Arten eingeführt wurden.
1811 wurde das neue Elisa-Tor eröffnet. Zum Empfang der Besucher wurden zwei Paläste errichtet, in denen sich die Minister der Regierung des Fürstentums Lucca, Froussard und Matteucci, niederließen. Beide hatten typisch französische architektonische Merkmale wie auch Via Elisa, die von der Pariser Rue de Rivoli inspiriert wurde. Die Gärten entwickelten sich an den hinteren Fronten entlang und boten eine intime Einsicht in diese offiziellen Amtsgebäude, die auch ein grünes „Verzura“ Theater aus Pflanzen einschlossen, das noch heute von der Stadtmauer aus sichtbar ist. In diesen Gärten gibt es Magnolien, Zedern und Mimosen, die von der Expedition nach Australien stammen, die Napoleon 1800 veranlasste und die von Kapitän Baudin organisiert wurde.
In der Via Elisa befindet sich auch die Villa Bottini. Die Villa wurde 1811 von Felice Baciocchi gekauft, der dort das heute größte Exemplar eines Platanenbaumes in der gesamten Region Lucca gepflanzt hat. Er hat einen Umfang von über 7 Metern und eine Baumkrone von mehr als 25 Metern Höhe und ist ein Zeitzeuge des napoleonischen Fürstentums. Im Garten wachsen auch Magnolien, eine in Lucca im Park der Villa Reale eingeführte Pflanzenart, und Kamelien.
Im Kreuzgang der Kirche von Santa Maria Bianca, heute Sitz der Grundschule Giovanni Pascoli, steht eine große zweihundert Jahre alte Magnolie-Grandiflora, die auf Anfrage besichtigt werden kann.
Einst im Besitz der Familie Orsetti und heute Sitz der Gemeinde, gibt es im Garten des Palazzo Orsetti Magnolien, Glyzinien und Lindenbäume. Von den Orsetti kaufte Elisa am 4. Juli 1806 die Villa in Marlia, die seitdem den Namen Villa Reale ("die königliche Villa“) angenommen hat.
Elisa hatte den Plan, Lucca nach dem Vorbild Napoleons in eine Hauptstadt zu verwandeln, wie er es in Paris vollbracht hatte.
Vor dem Palazzo, der als Residenz der Baciocchi-Fürsten diente, wurde ein ganzer Häuserblock abgerissen, um Platz für die Eröffnung der Piazza Napoleone zu schaffen. Der rund um den Platz geplante vierseitige Portikus wurde nie gebaut. An seiner Stelle ließ Elisa Ulmen pflanzen, die später durch Platanenbäume ersetzt wurden.
Die Glyzinien tauchten zum ersten Mal in Frankreich im Malmaison-Garten und in Lucca in der Villa Reale auf. In der Saison ihrer Blüte stehen die üppigen Glyzinien des Palazzo Micheletti und der Piazza San Giovanni im Wettbewerb, um die bewundernden Blicke der Passanten auf sich zu ziehen. Ein Exemplar mit weißen Blüten von außergewöhnlicher Schönheit kann auf der Piazza San Giovanni bewundert werden, in dem alten Garten des Priorats der Kirche, den Elisa später in ein Archiv verwandelt hat. Ihr intensiver und süßer Duft breitet sich auf allen naheliegenden Plätzen aus.
Obwohl ein Großteil der Arbeiten unter dem Herzogtum von Maria Luisa di Borbone durchgeführt wurde, war es Elisa Baciocchi, die als erste die Einrichtung von einem öffentlichen Park auf der Stadtmauer förderte.
Prinzessin Elisa errichtete Ende 1810 die "Mauerpromenade" zwischen den Bastionen von San Colombano und San Donato und vertraute ihren Entwurf dem französischen Ingenieur Charles Sambucy an. Seitdem wurde die Stadtmauer zum Ort schlechthin, an dem das Ritual des Spaziergangs durchgeführt werden konnte. Elisa befahl, die Brüstungen zu senken, um den Blick auch auf die Landschaft außerhalb der Stadt genießen zu können.
Den bereits vorhandenen Pappeln und Ulmen wurden Linden, Platanen, Lyriodendren, Paulownien und Magnolien hinzugefügt. Ihre Absicht war es mit dieser ornamentalen Vegetation die Stadtmauer so gastfreundlich wie möglich zu gestalten.
Der Botanische Garten von Lucca, dessen Projekt ursprünglich auch von Elisa beauftragt wurde, ist später von der Herzogin Maria Luisa im Jahre 1820 eingerichtet worden. Viele Pflanzen, die im Botanischen Garten ihren Platz fanden, wurden aus den raren Exemplaren der Villa Reale in Marlia ausgewählt.
Das erste Erscheinen der Kamelienblume in Lucca erfolgte, als eine riesige Lieferung seltener Pflanzen aus den Gärten von Caserta eintraf, die von Elisas Bruder Giuseppe Bonaparte, dem damaligen König von Neapel, persönlich verfolgt wurde.
Im Botanischen Garten gibt es viele Baumarten, die von Elisa in Lucca eingeführt wurden, wie der Gingko Biloba, die Magnolie, aber auch der duftende Olivenbaum und krautige Pflanzenarten und neue Sorten von Dahlien und Pfingstrosen.
Das Porträt von Elisa Bonaparte von Marie Guillemine Benoist aus dem Jahr 1805 wird im Nationalmuseum des Palazzo Mansi aufbewahrt. Die Herrscherin wird sitzend dargestellt und neben ihr befindet sich eine Vase mit japanischen Chrysanthemen. In Europa kamen die ersten Chrysanthemen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Holland an und wurden aus Japan importiert. Sie fanden jedoch keinen guten Anklang und ihre Kultivierung wurde sofort eingestellt. Nach mehr als einem Jahrhundert, Ende des 18. Jahrhunderts, kamen sie erneut aus England nach Frankreich. Von diesem Moment an begann ihre Verbreitung und sie wurden in ganz Europa beliebt.
Diese Tour entstand nach einer Idee der Historikerin Roberta Martinelli und der Parfümeurin Giuliana Pardini für den Verein Napoleone e il suo tempo. In Zusammenarbeit mit Prof. Paolo Emilio Tomei, Professor für Botanik an der Universität von Pisa, wurde eine eingehende historische Archivuntersuchung der Pflanzenessenzen der napoleonischen Zeit in der Stadt Lucca durchgeführt, von denen einige erstmals nach Italien eingeführt wurden, andere bereits vorhanden waren, aber erst von den Bonapartes gefördert wurden.